Kranke Arbeitnehmer erhalten in Deutschland weiterhin ihr Gehalt. Das kostet die Unternehmen immer mehr Geld. Doch die Ursachen sind vielfältig. Deutschlands Unternehmen zahlen immer mehr Geld für kranke Beschäftigte. Im vergangenen Jahr waren es bereits 82 Milliarden Euro. Das hat das arbeitgebernahe Institut für Wirtschaft Köln (IW) ermittelt. Die Gründe dafür sind aber vielfältig. Mehr Krankheitstage sind dabei nur ein Aspekt. Vielmehr zählen auch veränderte Krankheitsbilder, höhere Beschäftigung und älteres Personal zu den Gründen für den Anstieg. Damit setzt sich ein kontinuierlicher Anstieg fort. 2023 betrugen die Ausgaben 77,4 Milliarden. Noch deutlicher wird der Anstieg allerdings, wenn man einige Jahre zurückgeht. Im Vergleich zum Jahr 2010 geben die Arbeitgeber mittlerweile das 2,2-Fache aus. Damals lagen die Kosten erst bei 36,9 Milliarden Euro. Milliardenminus droht: Merz hat eine Idee – doch die Krankenkassen sind empört Rechnungshof warnt: Diese Mehrkosten drohen gesetzlich Versicherten Krankheitstage zuletzt rückläufig Die naheliegendste Erklärung ist ein stetig ansteigender Krankenstand . Dieser ist seit 2007 deutlich auf 14,8 Krankheitstage pro Person angestiegen und hat insbesondere seit der Corona-Pandemie einen deutlichen Sprung gemacht, war im vergangenen Jahr allerdings wieder rückläufig. Dies macht also nur einen Teil des Anstiegs aus. Wesentlich ist vielmehr die Zahl der Erwerbstätigen. Aufgrund von steigenden Bevölkerungszahlen und lange Zeit günstigen Entwicklungen am Arbeitsmarkt stieg die Zahl der Arbeitnehmer seit 2010 um über fünf Millionen auf rund 46 Millionen. Mehr Arbeitnehmer sind in der Summe auch häufiger krank, selbst bei gleichbleibenden Krankheitszeiten. Darüber hinaus ist in der gleichen Zeit auch das Gehalt deutlich gestiegen. Auch das macht einen deutlichen Effekt aus, schließlich misst die Statistik die Gehaltszahlungen an die erkrankten Mitarbeiter. Wer mehr verdient, dem muss dieses Gehalt auch bei Krankheit gezahlt werden. Darüber hinaus zeigt der IW-Bericht allerdings auch ein verändertes Bild an Krankheitsbildern und -ursachen auf, das zu einem Anstieg der Kosten führt. Weil die Menschen mittlerweile länger arbeiten, gibt es vermehrt Muskel- und Skeletterkrankungen, die in der Regel längere Ausfallzeiten mit sich bringen. Eine ältere Arbeitnehmerschaft hat laut IW-Prognose also auch mit höherer Wahrscheinlichkeit längere Ausfallzeiten zur Folge. Auch technische Gründe spielen eine Rolle Auch psychische Krankheiten haben zugenommen. Zwar machen diese weiterhin nur fünf Prozent der Krankheitsfälle aus, jedoch dauert die Genesung in diesen Fällen meist deutlich länger. Genau umgekehrt ist es bei klassischen Atemwegserkrankungen in der Erkältungssaison. Diese kommen zwar weiterhin sehr häufig vor, produzieren durchschnittlich aber nur wenige Ausfalltage. Allerdings gibt es auch technische Gründe für den starken Anstieg in den vergangenen Jahren. Seit dem Jahr 2022 werden die ärztlichen Atteste elektronisch erfasst und direkt an den Arbeitgeber weitergeleitet. Beim klassischen "gelben Schein" geschah das laut IW-Schätzung teilweise nicht. IW schlägt Lösungen vor Was können Arbeitgeber also tun, um diesen Anstieg zumindest zu bremsen? Der Autor der Studie, Steuer- und Sozialexperte Jochen Pimpertz, sieht Karenztage als Möglichkeit: "Die Gehaltszahlung würde zu Beginn einer Erkrankung für einige Tage ausgesetzt." Diese Option kommt in Diskussionen immer wieder auf, stößt aber insbesondere bei Arbeitnehmervertretungen auf großen Widerstand. Auch reduziertes Gehalt während einer Karenzzeit käme für den IW-Forscher infrage. Die Verantwortung der Arbeitgeber für die Krankheitstage schätzt der Bericht des arbeitgebernahen Instituts eher gering ein. Zwar könne das "betriebliche Gesundheitsmanagement positiv auf die Gesundheit von Mitarbeitern wirken", allerdings seien die Kosten hoch und die Maßnahmen seien nicht für jedes Unternehmen umsetzbar. So will Pimpertz eher bei der Dauer der Lohnfortzahlungen im Krankheitsfall ansetzen und diese beispielsweise auf sechs Wochen pro Jahr begrenzen. Aktuell gilt zwar ebenfalls eine Sechs-Wochen-Frist, bei jeder Krankschreibung mit einer anderen Diagnose beginnt jedoch ein neuer Zeitraum. Darüber hinaus hat ein langzeiterkrankter Arbeitnehmer bis zum Ende der 72. Woche Anspruch auf 70 Prozent des Bruttogehalts.