Walldorf: Scharfe Kritik am Mini-Gehaltsplus bei SAP
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Von Matthias Kros
Walldorf. Die Gehälter der über 20.000 Mitarbeiter der SAP in Deutschland steigen 2021 so langsam wie seit über zehn Jahren nicht mehr. Im Durchschnitt würden sie um 1,2 Prozent angehoben, bestätigte Cawa Younosi, Personalleiter Deutschland des Softwarekonzerns, am Freitag in Walldorf. In den vergangenen Jahren hatte die Erhöhung in der Regel bei drei Prozent gelegen, wovon etwa 1,2 Prozent alle Mitarbeiter leistungsunabhängig bekamen. Younosi verteidigte das vergleichsweise geringe Plus im laufenden Jahr: Man könne schließlich nicht so tun, als ob es die Corona-Krise und die damit verbundene Beeinträchtigung des Geschäfts nicht gebe, sagte er und verwies auch darauf, dass SAP für 2021 ein sinkendes Betriebsergebnis erwarte.
Außerdem gelte es das "Gesamtpaket" zu betrachten. So habe es bei SAP in der Vergangenheit beispielsweise keine Kurzarbeit gegeben. Zudem erhielten die Beschäftigten auch für das Corona-Jahr 2020 – angesichts der intern gesenkten Messlatte – mehr als ihren vollen Jahresbonus. Parallel dazu habe man im vergangenen Jahr für die Belegschaft aktienbasierte Programme im Gesamtwert von 450 Millionen Euro aufgelegt. Und schließlich habe SAP auch das Budget für Beförderungen erhöht. "Damit liegen wir weit über dem, was alle andere DAX-Unternehmen machen", so Younosi.
Die SAP hat ein schwieriges Jahr mit mehrfach gekappten Prognosen und strategischen Kehrtwenden hinter sich. Der Umsatz ging wegen der Zurückhaltung der Kundschaft und Wechselkurseffekten leicht zurück. Am Ende stand unter dem Strich dennoch ein deutlicher Gewinnanstieg. Hinzu kommen Milliardeneinnahmen aus dem erfolgreichen Börsengang der US-Tochter Qualtrics im Januar, weshalb auch die Dividende für die eigenen Aktionäre steigen soll.
Aus dem Arbeitnehmerlager kam deshalb am Freitag Kritik an der vergleichsweise niedrigen Gehaltserhöhung: "Nach einem Jahr höchster Belastungen für die Belegschaft hat diese trotz der widrigen Umstände den höchsten Gewinn aller Zeiten erarbeitet", sagte Ralf Zeiger, Vorsitzender des Betriebsrats der SAP SE. "Dass daraufhin die niedrigste Gehaltsrunde seit 2009, die sogar 2011 nachgeholt wurde, ausgeschüttet werden soll, aber die höchste Dividende aller Zeiten – so zumindest der Vorschlag des Vorstands – ist meines Erachtens der Belegschaft nicht vermittelbar, auch wenn es dieses Jahr einmalig ein paar zusätzliche, hauptsächlich aktienbasierte Vergütungskomponenten gibt. Wenn beim Gehalt nicht deutlich nachgelegt wird, sollte meines Erachtens zumindest eine Nachholung im nächsten Jahr erfolgen", so der Betriebsratschef.
Kritik gab es auch vonseiten der IG Metall Heidelberg: Mit dem vergleichsweise niedrigen Gehaltsplus würden die Beschäftigten "nicht nachhaltig am Geschäftsergebnis beteiligt", heißt es in einer Mitteilung der Gewerkschaft vom Freitag. Lediglich die Aktionäre würden einen zusätzlichen Bonus kassieren.
"Uns wird die Erhöhung um 1,2 Prozent als Inflationsausgleich verkauft", sagte Johannes Reich, Betriebsratsmitglied der IG-Metall-Liste "Pro Mitbestimmung": . Das ist schlicht falsch, weil damit nicht einmal der Zuwachs an Berufserfahrung innerhalb des Gehaltssystems bezahlt werden kann."
Noch deutlicher wird das Betriebsratsmitglied Eberhard Schick, der ebenfalls der IG Metall-Liste "Pro Mitbestimmung" angehört. Für ihn ist die Erhöhung des Gehaltsbudgets um nur 1,2 Prozent "ein Schlag ins Gesicht all derer, die im vergangenen Jahr aus dem Homeoffice heraus, teilweise unter schwierigen Bedingungen, ihre Leistung erbracht haben." Es gebe ziemlich viel Frust unter den Kollegen, so die Rückmeldungen, die ihn erreicht hätten.
Auch die Erhöhung des Budgets für Beförderungen ließ Schick nicht als Argument der Geschäftsführung gelten vorzusehen. Damit scheine sie lediglich die Reduktion dieses Budgets der vergangenen Jahre aufholen zu wollen.