Besuch im Wahllokal: "Wunsch nach Wandel ist stark ausgeprägt"
Von Volker Knab
Schwetzingen. Knapp 39 Prozent der Wahlberechtigten haben in Schwetzingen bei dieser Bundestagswahl per Briefwahl von ihrem Wahlrecht Gebrauch gemacht. "Trotzdem herrscht reger Betrieb, seitdem wir aufgemacht haben", sagte Wahlleiter Matthias Jäkel am späten Sonntagvormittag im Wahllokal im Rathaus im Gespräch mit der RNZ.
Insgesamt gab es in Schwetzingen 15.161 Wahlberechtigte, davon waren 5886 Briefwähler, so Jäkel. Bei der Bundestagswahl 2017 lag der Anteil der Briefwähler noch bei 20,6 Prozent. 75 Wahlhelferinnen und -helfer waren in Schwetzingen im Einsatz. Die Rekrutierung sei aufgrund der Erfahrungen und dank eines Helfer-Pools aus der Landtagswahl nicht schwierig gewesen, erläuterte der Wahlleiter. Die musste bereits ebenfalls während der Corona-Pandemie organisiert werden. Die Stadt war daher auf einen weiteren starken Anstieg der Briefwähler eingestellt und hatte die Plätze für deren Auszählung verstärkt und an größere Orte verlagert.
Ab 8 Uhr hatten die Wahllokale ihre Pforten geöffnet. Im Wahllokal im Rathaus herrschte beim Besuch der RNZ zwischen 11 und 12 Uhr ein entspanntes Kommen und Gehen der Wahlberechtigten. Schlangen bildeten sich um diese Zeit in dem Wahllokal nicht. "Meine Entscheidung habe ich schon vor längerer Zeit getroffen. Für mich war klar, wie ich wähle. Per Brief hätte ich trotzdem nur gewählt, wenn ich heute Termine gehabt hätte", erklärte Dimitri Aristow nach seiner Stimmabgabe.
"Ich wollte persönlich wählen, bin geimpft. Aber ich kenne einige Menschen, die an dem Virus erkrankt sind, und aus gesundheitlichen Gründen sehe ich eine Briefwahl als eine gute Option an", sagte Hayat Burgurcu. Es war ihre zweite Bundestagswahl, und ihre Entscheidung sei erst kurz vor dem Wahlgang gefallen, erzählte sie. "Ich habe mir dieses Mal schon länger überlegt, welcher Partei ich meine Stimme geben soll."
Traimos Bouftsis war gespannt auf das Ergebnis am Abend. Ihn interessierte auch der Vergleich mit den Wahlen in den USA im Vorjahr. "Ich bin gespannt, wie viel Einfluss das Wahlergebnis des großen Bruders von Europa auf uns hatte", sagte er. "Der Wunsch nach Wandel ist doch stark ausgeprägt", so seine Feststellung. Für ihn selbst sei die Wahl dieses Mal nicht schwieriger gewesen. "Aber sie ist dafür viel interessanter".
Auch Björn Hoffmann wollte persönlich zur Wahl gehen. "Das ist mir einfach lieber", meinte er. Seine Frau Sandra sieht das generell ähnlich, wollte aber in diesem Jahr aufgrund besonderer Umstände lieber per Brief wählen. "Dann habe ich aber nicht mehr daran gedacht", sagte sie lachend nach ihrer Stimmabgabe. "Dieses Jahr ist vieles anders", meinte Björn Hoffmann zu den Besonderheiten der Bundestagswahl 2021. "Wir erleben vielleicht einen Machtwechsel." Dass es einen Dreikampf gegeben habe und nicht wie all die Jahre zuvor einen Zweikampf, mache diese Wahl so spannend. "Auch dass die Grünen so stark zulegen konnten", ergänzte Sandra Hoffmann. "Ich habe mir lange überlegt, wie ich wählen soll", sagte Jürgen Schwichtenberg. Seit seinem 18. Geburtstag sei er immer wählen gegangen, und eine Briefwahl aufgrund von Corona sei für ihn kein Thema gewesen. "Dieses Mal war alles viel unübersichtlicher", meinte er generell zur Wahlentscheidung. "Keine Partei hat im Wahlkampf über die wirklichen Probleme der Leute geredet, wie die steigenden Preise, die teuren Wohnungen oder Mieten. Keine Partei hat die sozialen Probleme richtig angesprochen. Das Thema Klimawandel hat alles überlagert", sagte er. "Ich bin eher konservativ", meinte er. "Dieses Mal habe ich meine Entscheidung aber ziemlich kurzfristig getroffen und dann zielgerichtet gewählt".