Herxheim: Die "Hitlerglocke" bekommt bald ihr Mahnmal
Herxheim am Berg. (cab) Die Gedenktafel soll auf einem Wingertstein angebracht und auf dem Rasen vor der evangelischen Jakobskirche aufgestellt werden. Der Stein ist das Geschenk eines Winzers aus dem Weindorf. Das passt. Und ist vielleicht ein Hinweis darauf, dass es auch die Bürger des 800-Seelen-Dorfs Herxheim am Berg ernst meinen mit der Erinnerung und der Mahnung. Die Tafel soll Zeugnis darüber ablegen, dass sie im Turm noch immer hängt, die umstrittene "Hitler-Glocke" mit dem Hakenkreuz und der Aufschrift "Alles fuer’s Vaterland - Adolf Hitler".
Im Text der Tafel soll sie als "Mahnmal" bezeichnet werden. Über die Formulierungen bestehe Einvernehmen zwischen politischer Gemeinde, Kirchengemeinde und evangelischer Landeskirche, sagt Gero Kühner, der Erste Beigeordnete des Orts. Dass der Gedenkstein samt der Tafel schon in diesem Monat aufgestellt wird, will er am Telefon zwar nicht bestätigen. Doch man sei jetzt so weit, dass man einen Termin für die Einweihung langsam ins Auge fassen könne.
"Wie wir das dann machen, ist noch unklar. Ob stillschweigend oder in kleinem Rahmen", so Kühner, der für die SPD im Gemeinderat sitzt. Der Ort will offensichtlich seine Ruhe. Zudem gehe es noch um Details auf der Tafel. So sei zum Beispiel angedacht, darauf einen QR-Code anzubringen. Über diesen könnte man sich dann zusätzliche Informationen über die Glocke aufs Handy holen, die den Ort im Herbst 2017 ins ungewollte Rampenlicht schob.
Alles begann mit einer Reportage des ARD-Magazins "Kontraste" über die Glocke. Darin redete sich der damalige Bürgermeister Ronald Becker mit relativierenden Aussagen zur NS-Zeit um Kopf, Kragen und Amt. Sein Nachfolger, Georg Welker, hätte die Glocke am liebsten weiterläuten lassen. Als Zeichen der "Versöhnung". Doch seit September 2017 ist sie stillgelegt.
Die Hitlerglocke von Herxheim sorgt weiter für Ärger. Nach seinen umstrittenen Äußerungen gegenüber Kontraste ist der Bürgermeister zurücktreten. Zur Vereidigung seines Nachfolgers sind wir nach Herxheim zurückgekehrt... pic.twitter.com/6Vx8ttoBHR
— Kontraste (@ARDKontraste) 18. Januar 2018
Der Kirche ging das nie weit genug. Sie hätte den Klangkörper am liebsten aus dem Turm geholt und das Angebot der Landeskirche angenommen, kostenlos Ersatz zu beschaffen. So haben es die Gemeinden in Mehlingen und Essingen gemacht. Doch ein Gutachten der Orgelsachverständigen Birgit Müller riet davon ab. "Wir haben uns für den schwereren Weg entschieden", so Kühner: "Wir wollen kein Öl ins Feuer gießen, sondern wachrütteln und zum Dialog anregen. Auch um neuen nationalistischen Kräften entgegenzutreten."
Auf der Tafel, über deren Text laut Kühner recht schnell Einvernehmen bestand, soll zu lesen sein, dass der Ort um das schwere Erbe der NS-Zeit weiß: "Wir denken, das haben jetzt auch die Außenstehenden und Betroffenen verstanden."