Das Rätsel ist gelöst: „Pilatus“ war Teil einer militärischen Übung (Update)

Von Christoph Moll

Region Heidelberg. Polizei, US-Militär, Bundesverteidigungsministerium, Deutsche Flugsicherung: Die RNZ drehte am großen Recherche-Rad, um herauszufinden, warum am Dienstag und Mittwoch stundenlang ein Flugzeug des Herstellers Pilatus über der Region und vor allem über dem Luftkurort Wilhelmsfeld kreiste. Letztendlich war es der CDU-Bundestagsabgeordnete Karl A. Lamers, der dank seiner Kontakte vom Bundesparteitag der Christdemokraten in Leipzig aus das Rätsel löste: Es handelte sich um eine militärische Übung.

Im Laufe des Freitags kristallisierte sich heraus, dass das Flugzeug nicht – wie vermutet – für Foto- oder Videoaufnahmen unterwegs war. Denn mehrere Personen hatten in Wilhelmsfeld in der Straße Oberer Langerain während der Flüge Fahrzeuge mit Münchner Kennzeichen sowie bewaffnete Männer in Militärkleidung und schusssicheren Westen gesehen. Am heutigen Freitag berichtete eine Frau aus Heidelberg der RNZ, dass die Männer freundlich Auskunft gaben. Einer habe auf Englisch gesagt, dass europäische und amerikanische Kräfte beteiligt seien.

Doch was wurde ausgerechnet im beschaulichen Wilhelmsfeld geübt? Diese Frage kann Thomas Klaster beantworten. Der 39-Jährige ist Leiter des Geschäftsbereichs für „Aerial Targeting Services“ beim deutschen Tochterunternehmen des britischen Rüstungs- und Forschungsunternehmens „Qinetiq“ mit Sitz in Mönchengladbach. Vom dortigen Flughafen war die Pilatus PC12/47E am Dienstag gestartet. Die Maschine wurde von einer Besatzung des Unternehmens gesteuert. In wessen Auftrag genau die Flüge erfolgten, verrät Klaster nicht. Nur so viel: „Unsere Auftraggeber sind die Bundeswehr und verbündete Streitkräfte.“ Bei der Übung in Wilhelmsfeld seien Bodentruppen zur sogenannten Luftnahunterstützung ausgebildet worden. Dabei geht es darum, dass diese mit den Piloten präzise Koordination trainieren.

Klaster betont, dass es sich um einen Routineeinsatz handelte: „Wir bieten diesen Service mit aktuell knapp 20 Flugzeugen in unserer Flotte seit über 20 Jahren an.“ Jedes Jahr sei man mehrere Tausend Flugstunden europaweit aktiv. Der Einsatz der kleinen Maschinen sei kostengünstiger und leiser als jener von Kampfflugzeugen. In Wilhelmsfeld war das Unternehmen zuvor noch nicht. „Wir suchen die Einsatzorte nicht aus, sondern bekommen geografische Koordinaten von den Auftraggebern“, so Klaster. „In der Regel fallen wir gar nicht auf.“ In Wilhelmsfeld war dies anders. Das dröhnende Flugzeug in rund 500 bis 600 Meter Höhe war deutlich zu hören. Klaster meint, dass das Unternehmen mit dem Auftraggeber die weitere Nutzung dieses Trainingsgebiets prüft: „Wir bedauern, für Verunsicherung gesorgt zu haben.“

Der Qinetiq-Geschäftsbereichsleiter betont allerdings, dass die Flüge erlaubt waren. Obwohl im sogenannten Sichtflug in diesem Gebiet grundsätzlich keine gesonderte Genehmigung notwendig sei, habe man sich bei der Deutschen Flugsicherung in Langen angemeldet und sei mit dieser in Kontakt geblieben.

Von Christoph Moll

Region Heidelberg. Luftaufnahmen für Geheimdienste? Eine Suche nach einem verborgenen Schatz? Die Spekulationen im sozialen Netzwerk Facebook schossen ins Kraut, als am Dienstag und Mittwoch stundenlang ein Flugzeug über der Region kreiste. Besonders gut zu hören war das dumpfe Fluggeräusch im hoch gelegenen Wilhelmsfeld. „Ich habe den Eindruck, er versucht abzustürzen, kann sich aber nicht entscheiden wo“, schrieb ein Nutzer. Tatsächlich drehte das Flugzeug stundenlang Kreise. Aber warum? Die RNZ forschte nach.

>>Hier der Link zur dubiosen Flugroute der Maschine<<

Bei dem Flugzeug handelte es sich nach Angaben der Internetseite „Flightradar“ um eine Propellermaschine des Herstellers Pilatus, Modell PC12/47E, eines amerikanischen Eigentümers. Es war am Dienstag gegen 10.40 Uhr in Düsseldorf mit Kurs Mannheim gestartet. Doch bevor es auf dem City-Airport landete, drehte es in einer Höhe von etwa 600 Metern Kreise über Heiligkreuzsteinach, Wilhelmsfeld, Schönau, Heidelberg, Leimen und Nußloch.

Am Mittwoch hob es in Mannheim gegen 14 Uhr erneut ab, um wieder im Kreis zu fliegen. Dieses Mal über Wilhelmsfeld, Ziegelhausen, Schönau und Hirschhorn – in einer Höhe von lediglich knapp 500 Metern. Nach einer Pause in Mannheim startete die Pilatus gegen 18 Uhr erneut durch. Nach 40 Minuten landete sie in Oberpfaffenhofen bei München – dieses Mal ganz ohne Kreise.

Wilhelmsfelds Bürgermeister Christoph Oeldorf schließt Luftaufnahmen im Auftrag der Gemeinde aus, da diese bereits durchgeführt wurden. Er vermutet eher, dass das Flugzeug noch zu viel Kerosin für eine Landung an Bord hatte und deshalb noch in der Luft blieb. Boris Pfetzing von der Deutschen Flugsicherung in Karlsruhe schließt das aus. „Es gibt 1000 Möglichkeiten“, so der Sprecher.

„Am wahrscheinlichsten sind aber Rund- oder Testflüge.“ Wegen der geringen Höhe im sogenannten Sichtflugbereich glaubt Pfetzing, dass Foto- oder Videoaufnahmen gemacht wurden: „Auf dem Radar sieht es dann aus, als hätte ein kleines Kind mit dem Kugelschreiber die Flugbahn gemalt“, so der Experte.

Rätselhaft bleibt, dass Wilhelmsfelder während der Flüge in der Straße Am Langen Rain Fahrzeuge mit Münchner Kennzeichen sowie bewaffneten Personen in Militärkleidung und schusssicheren Westen gesehen haben. Bürgermeister Oeldorf: „Mir ist kein Einsatz eines Sonderkommandos oder eine Großrazzia bekannt.“