Podcast "heute wichtig": "Wahlkampf im Wahlkampf" – die Midterms werden zum Duell zwischen Joe Biden und Donald Trump
Bei den US-Midterms am 8. November geht es eigentlich nicht um den Präsidenten, sondern um den Kongress. Doch die Republikaner machen die Abstimmung zu einer Wahl über Joe Biden – und das scheint aufzugehen.
Wahltag in den USA. Am morgigen Dienstag stehen in den Vereinigten Staaten die Midterms an, die Zwischenwahlen. Obwohl das eigentlich eine Wahl über den Kongress ist und keine Präsidentschaftswahl, ist es ein Duell zwischen dem aktuellen Präsidenten Joe Biden und dem Ehemaligen, Donald Trump. "Wahlkampf im Wahlkampf", nennt es der Kampagnen- und Strategieberater Julius van de Laar in der 398. Folge des Morgenpodcasts "heute wichtig". Das liege an der Polarisierung der USA und den Fronten zwischen den Parteien. Daran habe bisher auch das Versprechen von Joe Biden nichts ändern können, er wolle die USA "heilen", so van de Laar: "Die Fronten sind nach wie vor vehement verhärtet und auch nur selten ist es Joe Biden gelungen, mit den Republikanern zusammenzuarbeiten."
Vor den Midterms: Mehrheit der Amerikaner:innen ist mit Joe Biden unzufrieden
Ein kleiner Exkurs in das amerikanische Wahlrecht: Der Kongress ist für die Legislative verantwortlich, die Gesetzgebung. Er besteht aus zwei Kammern und ist unterteilt in Senat und Repräsentantenhaus. Im Senat sitzen je zwei Vertreterinnen oder Vertreter aus allen 50 Bundesstaaten, sie werden alle sechs Jahre gewählt. Im Repräsentantenhaus sitzen 435 Abgeordnete, die alle zwei Jahre gewählt werden. Dabei ist die Anzahl der Sitze vom Anteil an der Gesamtbevölkerung abhängig, bevölkerungsreiche Staaten haben mehr Sitze.
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Am Dienstag wird das Repräsentantenhaus neu gewählt sowie ein Drittel des Senats. Noch hat die Demokratische Partei einen knappen Vorsprung in beiden Kammern. So konnte Biden in den ersten zwei Jahren seiner Amtszeit auch einige Gesetze durchbringen. Doch aktuell liege er in den Umfragen hinten und könnte mindestens eine der beiden Kammern verlieren, erklärt Politikberater Julius van de Laar: "42 Prozent der Amerikaner sagen, sie sind mit Joe Biden zufrieden, die absolute Mehrheit ist aber unzufrieden mit Joe Biden." Auch seien 75 Prozent der Leute mit dem gesamten Kurs des Landes unzufrieden: "Das zeigt, die Stimmung im Land ist nicht gut: Die Inflation steht bei acht Prozent, die Preise sind explodiert bei Sprit und Lebensmitteln (...) Das führt dazu, dass die Leute unzufrieden sind."
Die amerikanische Bevölkerung leidet unter der Inflation
Das berühmte Zitat aus Bill Clintons Wahlkampfteam trifft mal wieder zu: "It's the economy, stupid" – es geht um die Wirtschaft. Die Republikanerinnen und Republikaner haben es geschafft, die Midterms zu einer Abstimmung über Joe Biden zu machen. Ihn machten sie verantwortlich für die hohe Inflation, die die Menschen teuer zu stehen kommt, erklärt van de Laar: "Joe Biden und die Demokraten haben alles probiert, um über irgendetwas anderes zu sprechen als über die Inflation und die hohen Preise. (...) Aber am Ende ist das, über was die Leute sprechen, die 'kitchentable issues' – das was die Familien betrifft." Dagegen kommen gesellschaftspolitische Themen wie Abtreibung oder Sorge um die Demokratie nicht an, wenn die Menschen am Ende des Monats nicht wissen, wie sie Nahrungsmittel oder ihre Tankfüllung bezahlen sollen.
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Dabei wäre eine gewisse Sorge um die amerikanische Demokratie nicht unberechtigt. Teile der republikanischen Partei versuchen, das Wählen zu erschweren, durch Methoden wie Gerrymandering, dem Zuschneiden von Wahlkreisen. Jeder Bundesstaat macht seine eigenen Wahlgesetze – und beide Parteien haben dieses Recht mehrfach zu ihrem eigenen Vorteil genutzt. Doch Menschen beim Wahlvorgang einzuschüchtern, ist neu. Den Aufrufen des ehemaligen Präsidenten Donald Trump die Auszählungen zu "kontrollieren" folgen auch bewaffnete, extreme Gruppierungen.
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Julius van de Laar war erst vor kurzem in den USA. Von einigen Jahren hat er dort studiert und war 2008 als Wahlkämpfer für Barack Obama aktiv. Inzwischen beobachtet er von Deutschland aus die Wahl und resümiert: "Donald Trump ist nach wie vor das ulitmative Machtzentrum. Er gibt der republikanischen Partei eine Identität und er gibt sehr vielen Wählerinnen und Wählern eine Identität."
Das führe dazu, dass bei diesen Midterms Abgeordnete für den Kongress kandidieren, die ebenfalls an den Mythos der gestohlenen Wahl glaubten. Die es zum Teil allein deshalb in den Kongress schaffen könnten, weil sie diesen Glauben offen kommunizieren: "Die republikanische Partei versucht, Leute als Wahlleiter zu installieren, von denen viele nicht an die rechtmäßige Wahl von Joe Biden glauben", so Julius van de Laar. "Diese Leute sind aber auch wichtig, wenn in zwei Jahren der nächste Präsident vereidigt wird. Und man sieht, dass es in Teilen der republikanischen Partei Pläne gibt, weiter die Demokratie auszuhöhlen um möglicherweise als neuen Präsidenten den alten wieder zu installieren." Es könnte knapp werden für Joe Biden.
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