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Islam-Demos in Hamburg werden nicht von selbst aufhören

Islam-Demos in Hamburg werden nicht von selbst aufhören

In Hamburg könnte sich eine regelmäßige Islamisten-Demonstration etablieren wie seinerzeit die Montags-Demos in der DDR. Schlimm? Ausdruck neuer kultureller Vielfalt? Darum geht es jetzt nicht mehr. Am vergangenen Samstag hat zum zweiten Mal innerhalb von 14 Tagen eine islamistische Demonstration im Hamburger Stadtteil St. Georg stattgefunden. Es kamen nach Polizeiangaben mehr als doppelt so viele Teilnehmer, also diesmal 2.300, getrennt nach Männern und Frauen. Im Unterschied zum ersten Mal durfte dieses Mal nicht auf Transparenten das Kalifat und die Einführung der Scharia in Deutschland gefordert werden. Also stand etwas von Zensur auf den Schildern. Alles verlief friedlich. Es gab hinterher auch vergleichsweise wenig Berichterstattung und kritische Kommentierung. Erste Anzeichen von Gewöhnung. Vielleicht entwickelt sich das Ereignis zu einer regelmäßigen Institution, wie seinerzeit die Montagsdemos in der DDR. Beim ersten Mal, als die Gruppe "Muslim Interaktiv" auf Hamburger Straßen rief, war der Aufschrei noch groß. Wie kann das sein? Das geht nicht! Wieso dürfen die das? War auf der einen Seite zu hören. Und andererseits setzte sich die aus Funk und Fernsehen bekannte Muslimin Khola Maryam Hübsch in eine Talkshow und erklärte, dass das alles nicht so schlimm sei und völlig falsch verstanden. Die Scharia, also die Rechtsordnung des Islam, schreibe zum Beispiel vor, dass man gut zu seinem Nachbarn sein muss. Wo also ist das Problem? Vielleicht, könnte man an der Stelle einwenden, in der einen oder anderen Strafe, die die Scharia sonst noch so vorsieht. Bei Ehebruch oder bei Diebstahl. Aber das soll hier nicht vertieft werden. Vielmehr lohnt es sich tatsächlich einmal, den Blickwinkel von Frau Hübsch einzunehmen. Und dann muss man zu dem Schluss kommen: Die Forderungen dieser Demos, seien sie auf Plakaten getragen oder nur im Herzen, sind aus dieser Perspektive völlig legitim. Auf jeden Fall unausweichlich. Der Islam ist eine Religion, die zu totalitärem Denken einlädt. Er kennt keine Aufklärung, keine Säkularisierung und keine Gewaltenteilung. Laizismus tut sich schwer gegen ihn. Er gilt allumfassend. Er ist Religion, Staat und Rechtssystem in einem. Der Koran kann nicht ausgelegt werden. Weil er den Originalton Gottes, überbracht vom Propheten Mohammed, dokumentiert. Er setzt sich eben nicht aus Evangelien wie das Neue Testament zusammen, die von Dritten Jahre später und teilweise divergierend aufgeschrieben worden sind. Interpretation auch nur eines einzigen Kommas daher nicht möglich. Wenn nun die Gruppe an Menschen, die dieser Religion angehören und nach ihr leben, in diesem Land inzwischen stetig mehr werden, knapp sechs Millionen momentan, dann ist auch die Forderung nach einem Gottesstaat, das ist das Kalifat, und dem dazugehörigen Rechtssystem, der Scharia, nicht mehr zu unterdrücken. Dann gehören diese Forderungen, um ein Wort des früheren Bundespräsidenten Christian Wulff zu zitieren, auch zu Deutschland. Die Zeiten Karl Martells sind vorbei Es gab eine Zeit, da hat das christliche Abendland, also Europa, an zwei Ecken seiner Ausdehnung den militant expansiven Islam aufgehalten oder wieder zurückgedrängt. Karl Martell mit der Schlacht von Poitiers 732 steht an der einen Ecke im Südwesten und die zweimalige Verteidigung Wiens 1529 und 1683 an der anderen im Südosten. Es gibt sogar die streitbare, aber nicht unplausible These des belgischen Historikers Henri Pirenne, dass Karl der Große und damit das Europa von heute ohne den Außendruck des Islam nie möglich gewesen wäre. Die Zeiten von Religionskriegen sind gottlob auf diesem Kontinent vorbei. Mit mehreren Einwanderungswellen, die erste im Zuge der angeworbenen Gastarbeiter in den sechziger Jahren, zuletzt mit der verstärkten Migration, die sich politisch mit dem Jahr 2015 verbindet, hat sich der Islam in Deutschland als feste und stetig wachsende gesellschaftliche und politische Größe etabliert. In der Gastarbeiterzeit sind vor allem Menschen gekommen, die in einer damals laizistischen Türkei einen laxen Islam gelebt haben. Der Islamwissenschaftler hatte daraus die Hoffnung abgeleitet, dass es eines Tages einen gemäßigten "Euro-Islam" geben könnte. Er hat sich von dieser Hoffnung verabschiedet. Im Zuge von 2015 und den Folgejahren sind vor allem Menschen gekommen, die einen strengen Islam erlebt und gelebt haben. Und zugleich hat unter den türkischstämmigen Deutschen in dritter Generation eine Reislamisierung stattgefunden. Wer nicht ganz die Augen verschließt, sieht, wie sich das auswirkt auf das Land, wie Muslime und damit der Islam das Bild Deutschlands mehr und mehr prägen. Hier in Berlin nicht mehr nur in Kreuzberg und Neukölln . Sondern sichtbar inzwischen auch in Zehlendorf und Lichterfelde. Die Richtung ist dabei ziemlich klar. Dieser Tage wurden wie jedes Jahr die meistvergebenen Vornamen an Neugeborenen bekannt gegeben für das vergangene Jahr. In Berlin, Bremen und Hamburg ist bei den Jungen Mohammed auf Platz eins. Einige Jahre hatte man diesen sich abzeichnenden Befund zu verschleiern versucht, indem man die einzelnen Schreib- und Sprechweisen ein- und desselben Vornamens noch separat auflistete. Dieser Unsinn hat Gott sei Dank aufgehört, und man sieht klarer, wie sich diese Gesellschaft künftig zusammensetzt. Die Entwicklung hat gerade erst so richtig begonnen. Und Fakt ist, dass im Zuge dessen auch die radikal-konsequente Lesart des Islam hierzulande auf dem Vormarsch ist. Ende der Theorie, Phase der Praxis Deshalb ist das wichtig: Klar sehen, klar reden, nicht schwiemeln und sich etwas vormachen. Der Umgang dieses Landes mit dem Islam ist in eine neue, sehr praktische Phase getreten. Es geht nicht mehr darum, theoretisierend darüber zu reden , ob er dazu gehört oder nicht und was das eigentlich heißt. Es geht nicht mehr darum, ob man das möchte und sich drauf freut, wie vor zehn Jahren die Grünen-Politikerin Katrin Göring-Eckardt. Oder zur gleichen Zeit davor warnte wie Thilo Sarrazin . Es geht jetzt darum, wie man damit umgeht und lebt, sich daran gewöhnt. Zum Beispiel an Demonstrationen wie die in Hamburg. Die gehören jetzt eben auch dazu.

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